Mutmachgeschichten
Wenn ihr mal einen
schlechten Tag habt und total traurig und mutlos seit, dann helfen euch
vielleicht die nachfolgenden Geschichten ein bisschen und ihr könnt wieder
lächeln.
Die Hoffnung
Es war eine kleine Frau, die den staubigen Feldweg
entlang kam. Sie war
wohl schon recht alt, doch ihr Gang war leicht, und ihr Lächeln hatte
den frischen Glanz eines unbekümmerten Mädchens. Bei der
zusammengekauerten Gestalt blieb sie stehen und sah hinunter. Sie konnte
nicht viel erkennen.
Das Wesen, das da im Staub auf dem Wege saß, schien fast körperlos. Sie
erinnerte an eine graue Flanelldecke mit menschlichen Konturen. Die
kleine Frau bückte sich ein wenig und fragte: "Wer bist du?"
Zwei fast leblose Augen blickten müde auf. "Ich? Ich bin die
Traurigkeit", flüsterte die Stimme stockend und leise, dass sie kaum zu
hören war.
"Ach, die Traurigkeit!" rief die kleine Frau erfreut aus, als würde sie
eine alte Bekannte grüssen.
"Du kennst mich?" fragte die Traurigkeit misstrauisch.
"Natürlich kenne ich dich! Immer wieder hast du mich ein Stück des Weges
begleitet."
"Ja, aber...", argwöhnte die Traurigkeit, "warum flüchtest du dann nicht
vor mir? Hast du denn keine Angst?"
"Warum sollte ich vor dir davonlaufen, meine Liebe? Du weißt doch selbst
nur zu gut, dass du jeden Flüchtling einholst. Aber, was ich dich fragen
will: Warum siehst du so mutlos aus?"
"Ich... bin traurig", antwortete die graue Gestalt mit brüchiger Stimme.
"Die kleine alte Frau setzte sich zu ihr. "Traurig bist du also", sagte
sie und nickte verständnisvoll mit dem Kopf. "Erzähl mir doch, was dich
so bedrückt."
Die Traurigkeit seufzte tief. Sollte ihr diesmal wirklich jemand zuhören
wollen? Wie oft hatte sie sich das schon gewünscht. "Ach, weißt du",
begann sie zögernd und äußerst verwundert, "es ist so, dass mich
einfach
niemand mag. Es ist nun mal meine Bestimmung, unter die Menschen zu
gehen und für eine gewisse Zeit bei ihnen zu verweilen. Aber wenn ich zu
ihnen komme, schrecken sie zurück. Sie fürchten sich vor mir und meiden
mich wie die Pest."
Die Traurigkeit schluckte schwer. "Sie haben Sätze erfunden, mit denen
sie mich bannen wollen. Sie sagen: Papperlapapp, das Leben ist heiter.
Und ihr falsches Lachen führt zu Magenkrämpfen und Atemnot. Sie sagen:
Gelobt sei, was hart macht. Und dann bekommen sie Herzschmerzen. Sie
sagen: Man muss sich nur zusammenreißen. Und spüren das Reißen in den
Schultern und im Rücken. Sie sagen: Nur Schwächlinge weinen. Und die
aufgestauten Tränen sprengen fast ihre Köpfe. Oder aber sie betäuben
sich mit Alkohol und Drogen, damit sie mich nicht fühlen müssen."
"Oh ja", bestätigte die alte Frau, "solche Menschen sind mir schon oft
begegnet." Die Traurigkeit sank noch ein wenig mehr in sich zusammen.
"Und dabei will ich den Menschen doch nur helfen. Wenn ich ganz nah bei
ihnen bin, können sie sich selbst begegnen. Ich helfe ihnen, ein Nest zu
bauen, um ihre Wunden zu pflegen. Wer traurig ist, hat eine besonders
dünne Haut. Manches Leid bricht wieder auf, wie eine schlecht verheilte
Wunde, und das tut sehr weh.
Aber nur, wer die Trauer zulässt und all die ungeweinten Tränen weint,
kann seine Wunden wirklich heilen. Doch die Menschen wollen gar nicht,
dass ich ihnen dabei helfe. Statt dessen schminken sie sich ein grelles
Lachen über ihre Narben. Oder sie legen sich einen dicken Panzer aus
Bitterkeit zu." Die Traurigkeit schwieg. Ihr Weinen war erst schwach,
dann stärker und schließlich ganz verzweifelt.
Die kleine, alte Frau nahm die zusammengesunkene Gestalt tröstend in
ihre Arme. Wie weich und sanft sie sich anfühlte, dachte sie und
streichelte zärtlich das zitternde Bündel. "Weine nur, Traurigkeit",
flüsterte sie liebevoll, "ruh dich aus, damit du wieder Kraft sammeln
kannst. Du sollst von nun an nicht mehr alleine wandern. Ich werde dich
begleiten, damit die Mutlosigkeit nicht noch mehr an Macht gewinnt."
Die Traurigkeit hörte auf zu weinen. Sie richtete sich auf und
betrachtete erstaunt ihre neue Gefährtin: "Aber ... aber - wer bist
eigentlich du?"
"Ich?" sagte die kleine, alte Frau schmunzelnd, und dann lächelte sie
wieder so unbekümmert wie ein kleines Mädchen. "Ich bin die Hoffnung."
Zwei kleine Mäuse hatten ein Henne-Ei-Problem: Sie stritten sich darüber, ob wohl zuerst die Freude oder zuerst das Leid auf der Welt war.
Mäuserich Tilo behauptete: "Natürlich war zuerst das Leid vorhanden. Das ist doch klar! Wie sonst könnte man so ein schönes Gefühl wie Freude empfinden, wenn man nicht vorher den ganzen Schlamassel aus Schmerz und Pein erlebt hätte. Man würde es glatt gar nicht merken!"
Maus Lisa war völlig anderer Meinung: "Die Freude war zuerst da, das muss dir doch einleuchten! Wenn man nicht von Anfang an gelernt hat, wie sich Freude anfühlt, dann wird man sie auch später nicht erfahren. Sie muss einem als Urgefühl in die Wiege gelegt werden. Schlimmes Leid könnte man gar nicht ertragen, gäbe es da nicht die Erinnerung daran, dass das Leben auch anders sein kann – freudig nämlich!"
"Aber die Schmerzen sind doch nur dafür erfunden worden, damit man die Freude überhaupt empfinden kann. Demnach muss das Leid zuerst da gewesen sein", gab sich Mäuserich Tilo nicht zufrieden.
Es hatte keinen Zweck. Die beiden drehten sich im Kreis und fanden keine Einigung. So war es an der Zeit, dem Maus-Meister Theoderich einen Besuch abzustatten und seinen weisen Rat einzuholen.
"Ihr habt beide Recht", meinte dieser. "Freude und Leid wurden gleichzeitig erschaffen. Das Leben ist wie eine Münze, die zwei verschiedene Prägungen trägt: auf der einen Seite die Freude, auf der anderen Seite das Leid – gleichzeitig. Eins ist ohne das andere nicht denkbar. Es gibt keine Münze mit nur einer Seite. So gibt es auch kein Leben, in dem ausschließlich Freude oder nur Leid auftritt. Jede Maus wirft ihre Münze selbst – mal kommt die Freude nach oben zu liegen, beim nächsten Mal das Leid. Nichts gilt für immer. Die Münzen werden ständig neu geworfen. Wichtig für euch ist nun Folgendes: Vergesst niemals, ganz gleich welche Seite der Lebensmünze im Augenblick oben liegen mag, die andere Seite ist immer vorhanden. Sie ist nur im Augenblick nicht sichtbar."
Das stimmte die beiden Mäuse friedlich. Sie bedankten sich bei Meister Theoderich und marschierten Hand in Hand nach Hause.
In einer Tierhandlung war ein großes Schild zu lesen, auf dem stand: "Welpen zu verkaufen".
Ein kleiner Junge kam vorbei und sah das Schild. Da der Ladenbesitzer gerade an der Tür stand, fragte er ihn: "Was kosten die Hundebabys?"
"Zwischen 50,- und 80,- Euro." sagte der Mann.
Der kleine Junge griff in seine Hosentasche und zog einige Münzen heraus. "Ich habe 7 Euro und 65 Cents." sagte er. "Darf ich sie mir bitte anschauen?"
Der Ladenbesitzer lächelte und pfiff nach seiner Hündin. Fünf kleine Hundebabys stolperten hinter ihr her. Eines von ihnen war deutlich langsamer als die anderen und humpelte auffällig.
"Was hat der Kleine dahinten?" fragte der Junge.
Der Ladenbesitzer erklärte ihm, dass der Welpe einen Geburtsschaden hatte und nie richtig laufen würde.
"Den möchte ich kaufen." sagte der Junge.
"Also den würde ich nicht nehmen, der wird nie ganz gesund." antwortete der Mann. "Aber, wenn du ihn unbedingt willst, schenke ich ihn dir."
Da wurde der kleine Junge wütend. Er blickte dem Mann direkt in die Augen und sagte: "Ich möchte ihn nicht geschenkt haben. Dieser kleine Hund ist jeden Cent wert, genauso wie die anderen auch. Ich gebe Ihnen meine 7,65 Euro und werde jede Woche einen Euro bringen, bis er abgezahlt ist."
Der Mann entgegnete nur: "Ich würde ihn wirklich nicht kaufen – er wird niemals in der Lage sein, mit dir zu rennen und zu toben wie die anderen."
Da hob der Junge sein Hosenbein und sichtbar wurde eine Metallschiene, die sein verkrüppeltes Bein stützte. Liebevoll auf den Hund blickend sagte er: "Ach, ich renne selbst auch nicht gut und dieser kleine Hund wird jemanden brauchen, der ihn versteht."
Der Geschichtenerzähler
Ein paar Monate bevor ich geboren wurde, begegnete mein Vater einem Fremden, der
neu in der Stadt war. Vom ersten Moment an war mein Vater völlig fasziniert von
diesem Fremden und brachte ihn mit zu uns nach Hause. Irgendwie ergab es sich
so, dass er einfach bei uns blieb. Er wurde schnell von allen
Familienmitgliedern akzeptiert und war natürlich auch zur Stelle, um mich neuen
Einbürger einige Wochen später zu begrüßen.
Während ich aufwuchs, stellte ich seine Anwesenheit in unserem Haus nie in
Frage. Für mich hatte jedes Familienmitglied seine eigene Kategorie. Mein Bruder
Bill, der fünf Jahre älter war als ich, war mein Vorbild. Meine jüngere
Schwester Frannie gab mir Gelegenheit, mich als großer Bruder aufzuführen und
jemanden zu ärgern. Meine Eltern waren meine Lehrer und Helden. Aber der Fremde
war der Geschichtenerzähler. Er konnte die tollsten Storys auspacken und hatte
ein endloses Repertoire an Abenteuern, Geheimnissen und spaßigen Ereignissen. Er
konnte unsere ganze Familie stundenlang in seinen Bann ziehen.
Wenn ich etwas über Politik, Geschichte oder Wissenschaft wissen wollte, konnte
er es mir sagen. Er kannte die Vergangenheit, begriff die Gegenwart und konnte
anscheinend auch in die Zukunft sehen. Die Bilder, die er heraufbeschwor, waren
so lebensecht, dass ich manchmal lachte oder weinte, wenn er erzählte
Er war für unsere Familie wie ein Freund. Er nahm Papa, Bill und mich zu unserem
ersten großen Baseballspiel mit. Er ermöglichte es uns, so manchen Kinofilm zu
sehen und stellte uns sogar große Filmstars wie John Wayne ganz persönlich vor.
Der Fremde war ein erstklassiger Unterhalter und fesselte die Aufmerksamkeit
aller Anwesenden. Meinen Vater schien das nicht zu stören, aber meine Mutter
stand manchmal auf und ging hinaus, während wir anderen wie gebannt einer seiner
Geschichten aus fernen Welten lauschten. Sie ging dann leise in ihr Zimmer, las
in der Bibel und betete. Ich frage mich heute, ob sie manchmal darum gebetet
hat, dass der Fremde unser Haus verlässt.
Eigentlich hatte mein Vater recht eindeutige moralische Grundsätze. Aber der
Fremde sah offenbar nie einen Anlass, sie zu respektieren. Zum Beispiel waren
schmutzige Ausdrücke in unserem Haus nicht erlaubt. Der Fremde aber benutzte
immer wieder schlimme Wörter, die meine Ohren zum Brennen brachten und meinen
Vater zusammenzucken ließen. Doch meines Wissens wurde er deshalb nie zur Rede
gestellt oder des Hauses verwiesen. Mein Vater wollte auch keinen Alkohol im
Haus haben - nicht mal etwas Weißwein zum Kochen. Doch der Fremde schien zu
denken, dass wir ein bisschen Auflockerung brauchen konnten und zeigte uns
andere Lebensweisen. Oft ging es in seinen Geschichten um Bier, Partys und
Besäufnisse.
Er ließ auch das Rauchen verlockend erscheinen. Zigarrenraucher waren männlich
und Pfeifenraucher distinguiert. Er sprach sehr offen und häufig über Sex. Seine
Kommentare waren manchmal ganz anzüglich, manchmal suggestiv und im Großen und
Ganzen ziemlich unverschämt. Ich weiß heute, dass meine frühen Ansichten zu
Beziehungen zwischen Mann und Frau sehr stark von ihm geprägt waren.
Wenn ich zurückblicke, glaube ich, dass es allein Gottes Gnade war, die
verhinderte, dass uns der Fremde noch stärker beeinflusste. Immer und immer
wieder stellte er die Werte meiner Eltern in Frage und forderte sie heraus.
Selten wurde er dafür kritisiert und niemals aus dem Haus geworden.
Mehr als 30 Jahre sind vergangen, seit der Fremde bei uns eingezogen ist. Mein
Vater ist längst nicht mehr so begeistert von ihm wie früher, aber wenn man ins
Wohnzimmer meiner Eltern kommt, hockt er immer noch da in der Ecke und wartet
darauf, dass ihm jemand Aufmerksamkeit schenkt.
Wie er heißt?
Wir nannten ihn immer Fernseher.
- Anonym - (aus dem Buch "Pflaster fürs Herz" von Alice Gray)
Die fleißige Ameise
Jeden Morgen kam die fleißige Ameise fröhlich zur Arbeit. Sie liebte ihre
Arbeit. Hier verbrachte sie die meiste Zeit des Tages schwer arbeitend, immer
ein Liedchen summend. Sie arbeitete fleißig vor sich hin.
Der Generaldirektor, ein dicker fetter Käfer, stellte fest, dass es niemanden
gab, der die Ameise beaufsichtigte. So konnte es nicht weitergehen! Er schuf
einen Supervisor - Posten und stellte einen Mistkäfer mit viel Erfahrung ein.
Die erste Sorge des Mistkäfers war, die Arbeitszeit zu standardisieren. Er
erstellte hierzu verschiedene Reports.
Bald darauf benötigte der Mistkäfer eine Sekretärin, die diese Reports
vorbereitete. Man stellte eine Spinne ein, die ein Archiv einrichtete und
Telefonanrufe entgegennahm.
Und in der ganzen Zeit, arbeitete die Ameise froh und munter weiter, denn ihre
Arbeit gefiel ihr und von Zeit zu Zeit summte sie ein Liedchen.
Der Generaldirektor war begeistert von der Arbeit des Mistkäfers, und fragte ihn
nach grafischen Darstellungen und Zukunftsanalysen.
So wurde es nötig, eine Fliege einzustellen als Helfer für den Supervisor. Sie
kauften der Fliege ein Laptop, mit dem sie die Reports schön bunt gestalten
konnte.
Die fleißige Ameise summte schon bald kein Liedchen mehr, beschwerte sich, dass
sie so viel Schreibkram auszufüllen hatte, anstatt zu arbeiten.
Daraufhin beschloss der Generaldirektor, dass ein Administrator für die
Abteilung, in der die Ameise arbeitete, her musste.
Diese verantwortungsvolle Aufgabe wurde der Heuschrecke übertragen, die als
erstes verlangte, dass man ihr einen speziellen Sessel kaufen solle. Natürlich
brauchte sie auch ein Auto, einen Laptop und einen Zugang zum Intranet. Und
selbstverständlich brauchte sie auch einen persönlichen Assistenten, die Kröte,
die schon an ihrem alten Arbeitsplatz als Sekretärin für die Heuschrecke
gearbeitet hatte.
Die Ameise sang nicht mehr. Sie wurde immer unruhiger und nervöser.
"Wir müssen ein Gremium beauftragen, Daten für eine Studie über die arbeitende
Gesellschaftsschicht zusammenzutragen und einen Bericht zu verfassen." Gesagt,
getan. Die ausgesuchten Spezialisten machten sich gegen ein beträchtliches
Entgelt sogleich monatelang an die Arbeit. In der Zwischenzeit, stellte der
Generaldirektor fest, dass die Abteilung, in der die fleißige Ameise munter vor
sich hin arbeitete, nicht mehr den gleichen Profit wie früher erwirtschaftete.
Er wandte sich an die Eule, eine Expertin in Sachen Betriebswirtschaft, die
Tausende von Euro bekam. Sie sollte analysieren und diagnostizieren, was zu tun
sei. Die Eule wirbelte drei Monate in allen Büros der Firma herum. Dann legte
sie einen Abschlussbericht vor, der besagte: "Sie haben zu viel Personal, es
sollten Stellen abgebaut werde." Dem Expertenbericht der Eule folgend, entließ
der Generaldirektor die Ameise, die immer so fleißig arbeitete und ihre Arbeit
liebte.
Und die Moral von der Geschichte:
1.
Es sollte dir nicht im Traum einfallen, eine fleißig arbeitende, fröhliche
Ameise zu sein. Es ist viel besser eine Heuschrecke oder ein Mistkäfer zu sein,
wenn auch unnütz und unfähig. Diese brauchen keinen Supervisor, es stresst sie
niemand.
2.
Wenn du nicht anders kannst, als fleißig und
arbeitsam zu sein, dann zeige niemandem, dass du fröhlich bist und dass dir
deine Arbeit Freude macht!
Erfinde von Zeit zu Zeit ein Unglück, jammere und beschwere dich, damit es
niemandem in den Sinn kommt, dich zu beneiden, nur weil du Spaß an deiner Arbeit
hast.
Die Blinden und der Elefant
In einem fernen Land stritten sich die Gelehrten einmal darüber, was Wahrheit ist.
Der König, ein wirklich weiser Mann, rief daraufhin einige Blinde zu sich und bat sie, einen Elefanten zu betasten. Danach fragte er, was denn ein Elefant ist.
Der Blinde, der die Ohren berührte, sagte, dass ein Elefant groß und platt sei. Derjenige, der den Rüssel berührt hatte, sagte, ein Elefant sei lang und rund wie ein Rohr. "Nein, das stimmt nicht", rief ein anderer, "ein Elefant ist so stämmig wie eine Säule." Dieser Blinde hatte die Beine betastet. Der vierte Blinde berichtete, dass seiner Meinung nach ein Elefant lang und glatt und am Ende spitz sei. Er meinte damit die Stoßzähne.
Schließlich unterbrach der König sie und sagte: "Ihr habt alle recht, aber jeder hat nur ein kleines Stück des Elefanten beschrieben. Genauso ist es mit der Wahrheit: Was wir sehen oder wahrnehmen, ist oft nur ein kleiner Teil dessen, was wirklich ist."
Autorin: Linde von Keyserlingk
Die Geschichte vom
Blumentopf und dem Bier
Wenn die Dinge in deinem Leben immer schwieriger werden,
wenn 24 Stunden im Tag nicht genug sind, erinnere dich an diese Geschichte:
Ein Professor stand vor seiner Philosophie-Klasse und hatte einige Gegenstände
vor sich. Als der Unterricht begann, nahm er wortlos einen sehr großen
Blumentopf und begann diesen mit Golfbällen zu füllen. Er fragte die Studenten,
ob der Topf nun voll sei. Sie bejahten es. Dann nahm der Professor ein Behältnis
mit Kieselsteinen und schüttete diese in den Topf. Er bewegte den Topf sacht und
die Kieselsteine rollten in die Leerräume zwischen den Golfbällen. Dann fragte
er die Studenten wiederum, ob der Topf nun voll sei. Sie stimmten zu. Der
Professor nahm als nächstes eine Dose mit Sand und schüttete diesen in den Topf.
Natürlich füllte der Sand den kleinsten verbliebenen Freiraum. Er frage
wiederum, ob der Topf nun voll sei. Die Studenten antworteten einstimmig "ja".
Der Professor holt zwei Dosen Bier unter dem Tisch hervor und schüttete den
ganzen Inhalt in den Topfund füllte somit den letzten Raum zwischen den
Sandkörnern aus. Die Studenten lachten.
"Nun", sagte der Professor, als das Lachen langsam nachließ, "Ich möchte, dass
Sie diesen Topf als die Repräsentation Ihres Lebens ansehen. Die Golfbälle sind
die wichtigen Dinge in Ihrem Leben. Ihre Familie, Ihre Kinder, Ihre Gesundheit,
Ihre Freunde, die bevorzugten, ja leidenschaftlichen Aspekte Ihres Lebens,
welche, falls in Ihrem Leben alles verloren ginge und nur noch diese verbleiben
würden, Ihr Leben trotzdem noch erfüllend machten." „Die Kieselsteine
symbolisieren die anderen Dinge im Leben, wie Ihre Arbeit, Ihr Haus, Ihr Auto.
Der Sand ist alles andere, die Kleinigkeiten." „Falls Sie nun den Sand zuerst in
den Topf geben", fuhr der Professor fort, "hat es weder Platz für die
Kieselsteine noch für die Golfbälle. Dasselbe gilt für Ihr Leben. Wenn Sie all
Ihre Zeit und Energie in Kleinigkeiten investieren, werden Sie nie Platz haben
für die wichtigen Dinge. Achten Sie auf die Dinge, welche Ihr Glück gefährden.
Spielen Sie mit den Kindern. Nehmen Sie sich Zeit für eine medizinische
Untersuchung.. Führen Sie Ihren Partner zum Essen aus. Es wird immer noch Zeit
bleiben, um das Haus zu reinigen oder Pflichten zu erledigen." „Achten Sie
zuerst auf die Golfbälle, die Dinge, die wirklich wichtig sind. Setzen Sie Ihre
Prioritäten. Der Rest ist nur Sand."
Einer der Studenten erhob die Hand und wollte wissen, was denn das Bier
repräsentieren soll. Der Professor schmunzelte. „Ich bin froh, dass Sie das
fragen. Das Bier ist dafür da, Ihnen zu zeigen, dass, egal wie schwierig Ihr
Leben auch sein mag, es immer noch Platz für ein oder zwei Bierchen gibt."
Ein Platz am Fenster
Zwei Männer, beide schwer krank, lagen in
einem gemeinsamen Krankenzimmer. Der eine durfte sich jeden Tag in seinem Bett
eine Stunde lang aufsetzen, um die Flüssigkeit aus seiner Lunge zu entleeren.
Sein Bett stand direkt am Fenster. Der andere Mann musste den ganzen Tag flach
auf seinem Rücken liegen.
Die Männer plauderten stundenlang, ohne Ende. Sie sprachen über ihre Frauen,
ihre Familien, ihre Berufe, was sie während des Militärdienstes gemacht hatten
und wo sie in ihren Ferien waren.
Jeden Nachmittag, wenn der Mann in dem Bett am Fenster sich aufsetzen durfte,
verbrachte er seine Zeit indem er dem Zimmerkameraden alle Dinge beschrieb, die
er außerhalb des Fensters sehen konnte.
Der Mann in dem anderen Bett begann geradezu, für diese eine Stunde zu leben, in
denen seine Welt erweitert und belebt wurde durch die Vorgänge und Farben der
Welt da draußen!
Das Fenster überblickte einen Park mit einem reizvollen See. Enten und Schwäne
spielten auf dem Wasser und Kinder ließen ihre Modellbote segeln. Junge
Verliebte spazierten Arm in Arm zwischen den Blumen aller Farben und eine tolle
Silhouette der Stadt war in der Ferne zu sehen. Als der Mann am Fenster all
diese Dinge in wunderbaren Einzelheiten schilderte, schloss der Mann auf der
anderen Seite des Zimmers seine Augen und stellte sich das malerische Bild vor.
An einem warmen und sonnigen Tag beschrieb der Mann am Fenster wie ein
Schützenverein mit Musikkapelle und vielen Menschen vorbeigingen. Obwohl der
Mann, der immer im Bett lag, die Musik nicht hören konnte, konnte er sich doch
den Umzug mit seinem geistigen Auge vorstellen, da der Mann am Fenster sie mit
solch eindrucksvollen Worten beschrieb.
Tage und Wochen vergingen. Eines Morgens, als die Schwester gerade kam, um die
beiden Männer zu waschen, fand sie den Mann am Fenster leblos vor - er war
friedlich im Schlaf gestorben. Sie war traurig und holte einen Pfleger, damit er
den Toten wegbringt.
Sobald es passend erschien, fragte der andere Mann, ob er jetzt in das Bett am
Fenster wechseln könnte. Die Schwester erlaubte das gerne und sobald er bequem
zu liegen schien, ließ sie ihn allein. Langsam und schmerzvoll stützte er sich
mühevoll auf seinen Ellbogen um einen ersten Blick auf die Welt da draußen zu
werfen. Er strengte sich an und drehte sich zur Seite um aus dem Fenster neben
dem Bett zu sehen.
Gegenüber dem Fenster war eine Wand.
Der Mann rief die Schwester und fragte sie, was seinen Zimmerkameraden dazu
bewegt haben könnte, so wunderbare Dinge außerhalb des Fensters zu beschreiben?
Die Schwester antwortete, dass der Mann blind war und nicht einmal die Wand
gegenüber sehen konnte. Sie sagte:
"Vielleicht wollte er sie aufmuntern."
(Verfasser unbekannt)